Biografie
Margarethe von Trotta, geboren am 21. Februar 1942 in Berlin als Tochter des Malers Alfred Roloff und seiner Frau Elisabeth von Trotta, zog nach Kriegsende mit ihrer Mutter nach Düsseldorf. Dort erlangte sie die Mittlere Reife, besuchte zwei Jahre lang die Höhere Handelsschule und arbeitete wenige Monate in einem Büro. Bei einem Aufenthalt in Paris bekam sie Kontakte zur Filmszene und wirkte bei Dreharbeiten mit. Nachdem sie ihr Abitur nachgeholt hatte, nahm sie ein Kunststudium auf, wechselte aber nach kurzer Zeit zu einem Germanistik- und Romanistik-Studium in München. Parallel besuchte sie eine Schauspielschule.
Sie erhielt in der Folgezeit mehrere Schauspiel-Engagements an Theatern in Dinkelsbühl, Stuttgart und Frankfurt und spielte ab 1967 auch Rollen in Film und Fernsehen. Mit Regisseur Volker Schlöndorff, den sie 1969 kennenlernte und von 1971 bis 1991 auch verheiratet war, drehte sie die Brecht-Adaption "Baal" und arbeitete fortan immer wieder mit ihm zusammen. Auch mit Filmen von Rainer Werner Fassbinder und Herbert Achternbusch wurde Margarethe von Trotta eines der bekanntesten Schauspieltalente des Neuen Deutschen Films.
An Schlöndorffs Filmen arbeitete von Trotta auch immer wieder als Co-Autorin mit, so an "Der plötzliche Reichtum der armen Leute von Kombach" (1971), "Strohfeuer" (1972) und "Der Fangschuß" (1976). Nicht nur als Co-Autorin, sondern auch als Co-Regisseurin adaptierte sie mit Schlöndorff 1975 Heinrich Bölls Roman "Die verlorene Ehre der Katharina Blum". Der Film, der zu den politischen Debatten um den Terrorismus Stellung bezieht, wurde zu einem enormen Kassenerfolg, obwohl er von konservativen Kreisen angefeindet wurde.
Ihren ersten eigenen Film drehte Margarethe von Trotta 1977: "Das zweite Erwachen der Christa Klages" beruht auf der authentischen Geschichte einer Münchner Kindergärtnerin, die eine Bank überfiel, um Geld für einen Kinderladen zu beschaffen. Ihre nächste Regiearbeit "Schwestern oder die Balance des Glücks" (1979) porträtiert drei sehr unterschiedlicher Frauen, darunter zwei Schwestern, und ihre Beziehungen zueinander. Ebenfalls zwei Schwestern stehen im Mittelpunkt ihres dritten Films "Die bleierne Zeit" (1981), der ein großer, auch internationaler Erfolg wurde: Anhand der zwei Protagonistinnen – Gudrun und Christiane Ensslin nachempfunden – reflektiert er verschiedene Wege politischen Engagements und die Konfrontation mit der Unbeweglichkeit der Gesellschaft. "Die bleierne Zeit" wurde unter anderem mit dem Goldenen Löwen der Filmfestspiele Venedig und einem Spezialpreis beim Deutschen Filmpreis ausgezeichnet.
Zwiespältige Aufnahme fand von Trottas nächstes Projekt "Heller Wahn" (1983) über eine intensive und folgenreiche Frauenfreundschaft. Mit großem Aufwand entstand 1985 das filmische Porträt "Rosa Luxemburg", das mit Barbara Sukowa in der Titelrolle die politische wie die private Seite der Sozialistin und Revolutionärin auslotet. Sukowa wurde für ihr Spiel 1986 mit dem Deutschen Filmpreis ausgezeichnet. Für den Episodenfilm "Felix" (1987), der Geschichten "aus einem Männerleben" erzählt, drehte von Trotta das Segment "Eva".
Nach "Fürchten und lieben", einer Tschechow-Adaption der "Drei Schwestern" (1988), "Die Rückkehr" (1990), der Geschichte einer Ménage à trois, und "Zeit des Zorns" (1993), einem Drama über eine mutige Frau im Kampf gegen Mafia-Seilschaften, drehte sie 1994 einen weiteren großen Publikumserfolg: "Das Versprechen", eine Ost-West-Liebesgeschichte, die mehrere Jahrzehnte umspannt. Sie erhielt für ihre Regie-Leistung den Bayerischen Filmpreis; der Film ging als deutscher Kandidat in die Vorauswahl zum Oscar für den besten nicht englischsprachigen Film.
Es folgten mehrere TV-Produktionen, darunter die mehrfach preisgekrönte Miniserie "Jahrestage" (2000) nach dem Romanzyklus von Uwe Johnson, bevor von Trotta 2003 mit "Rosenstraße" ihren nächsten Kinofilm drehte, die Geschichte des Protestes "arischer" Frauen für ihre jüdischen Männer im Berlin der Nazizeit. Der Fernsehfilm "Die andere Frau" erzählte die Liebesgeschichte einer Frau mit einem ehemaligem "Stasi-Romeo".
Nach dem prominent besetzten psychologischen Drama "Ich bin die Andere" (2006, mit Katja Riemann, Armin Mueller-Stahl und August Diehl in den Hauptrollen) nahm von Trotta sich wieder eines historischen Themas an: In "Vision – aus dem Leben der Hildegard von Bingen" (2009) schildert sie das Leben und die Entwicklung der legendären Mystikerin, die sowohl als Heilkundlerin als auch als frühe Vorkämpferin für Frauenrechte berühmt wurde.
Danach inszenierte sie das Fernsehspiel "Die Schwester" (2010). Cornelia Froboess und Rosemarie Fendel verkörpern darin zwei wohlhabende Schwestern, die seit Jahrzehnten gemeinsam in einem Haus leben und sich zusehends einen Psychokrieg aus gegenseitigen Demütigungen liefern. Als ein ebenso charmanter wie mysteriöser Mann ins Spiel kommt, spitzt die Situation sich zu.
Bei ihrem nächsten Kinofilm wandte Margarethe von Trotta sich erneut einer historischen Figur zu: "Hannah Arendt" schildert das Leben und Wirken der jüdischen, deutsch-amerikanischen Philosophin, Theoretikerin und Journalistin, die 1933 Deutschland verließ und sich später in ihren Arbeiten intensiv mit dem Nationalsozialismus sowie mit grundsätzlichen Fragen um Ethik, Macht und Rechtstaatlichkeit befasste. Der Film wurde beim Filmfestival in Toronto 2012 uraufgeführt und startete im Januar 2013 in den deutschen Kinos; die Titelrolle spielte Barbara Sukowa. Neben weiteren Auszeichnungen erhielt "Hannah Arendt" beim Deutschen Filmpreis 2013 die Lola für die Beste Hauptdarstellerin und die Lola in Silber in der Kategorie Bester Spielfilm.
In ihrem nächsten Film griff von Trotta das Geschwister-Thema früherer Filme auf: "Die abhandene Welt" (2015) erzählte von einem Witwer, der in einer US-amerikanischen Opernsängerin seine verstorbene Frau zu erkennen glaubt. Deutlich leichtere Kost war danach die Komödie "Forget About Nick" (2017), über zwei höchst ungleiche Frauen, die sich ein New Yorker Luxusloft teilen müssen. Ebenfalls 2017 wurde Margarethe von Trotta von der Stadt Düsseldorf mit dem Helmut-Käutner-Preis ausgezeichnet.
Im Mai 2018 stellte sie beim Cannes Film Festival den ersten Dokumentarfilm ihrer Karriere vor: "Auf der Suche nach Ingmar Bergman", eine sehr persönliche Spurensuche anlässlich des 100. Geburtstages des schwedischen Regisseurs (1918-2007). Im gleichen Jahr wurde sie mit dem Theodor-W.-Adorno-Preis der Stadt Frankfurt am Main und beim Deutschen Regiepreis Metropolis mit dem Ehrenpreis der VG Bildkunst für ihr Lebenswerk ausgezeichnet. 2019 folgte der Ehrenpreis des Deutschen Filmpreises.
2021 begann sie mit der Arbeit an dem Kinofilm "Ingeborg Bachmann - Reise in die Wüste" über die Beziehung der Schriftstellerin Ingeborg Bachmann (Vicky Krieps) zu ihrem Kollegen Max Frisch (Ronald Zehrfeld). Die Uraufführung fand im Wettbewerb der Berlinale 2023 statt, der Kinostart folgte im Oktober 2023.
Von Trotta arbeitete auch als Theaterregisseurin und war immer wieder an Synchronisationen ausländischer Filme beteiligt, beispielsweise als Supervisor 1978 bei Louis Malles "Pretty Baby" sowie als Synchronregisseurin bei Paul Mazurskys "An Unmarried Woman" ("Eine entheiratete Frau"; 1978) und Léa Pools "Anne Trister" ("Anne Trister – Zwischenräume"; 1986).
Margarethe von Trotta lehrt seit 2004 als Professorin an der European Graduate School im schweizerischen Saas-Fee. Sie hat aus erster Ehe (1964-70) einen Sohn, Felix Moeller, der auch als Filmemacher tätig ist, und lebt in Paris und München.