Trotta, Carl Joseph von (Leutnant Trotta)
Der Sohn des Bezirkshauptmanns Franz Trotta und Enkel des Helden von Solferino. Er besucht die Kadettenschule in Mährisch-Weißkirchen, über Weihnachten und Ostern ist er bei seinem Onkel Stransky, nur die Sommerferien verbringt er zu Hause. Jedes Jahr muss er eine dreistündige Prüfung durch seinen Vater, in der er gehorsam Inhaltsangaben von österreichischen Klassikern und militärische Definitionen rezitiert, durchstehen, ehe die Ferien beginnen können (159).
Die Habsburger, allen voran den Kaiser, liebt er »aufrichtig, mit kindlich ergebenem Herzen« (160). Wenn sonntags die Militärkapelle den Radetzkymarsch spielt, stellt er sich vor, wie er für den Kaiser sein Leben opfert. Mit seinen militärischen Fähigkeiten, vor allem dem Reiten, steht es allerdings nicht zum Besten, doch da seine Vorgesetzten von der Heldentat seines Großvaters wissen, schließt er die Schule trotzdem mit guten Ergebnissen ab. So rückt er als Leutnant ins Regiment der X. Ulanen ein und präsentiert sich stolz seinem Vater in seiner neuen Uniform. Doch als er vom Vater erfährt, dass die Frau des Wachtmeisters SlamaKathi, mit der er seit den letzten Ferien eine Affäre hatte, gestorben ist, sind ihm seine Ehren und sein Status auf einmal bedeutungslos. Sein Vater stellt anhand seiner Reaktion fest, dass er wohl ein »weiches Herz« habe (173).
In seinem Regiment fühlt er sich fremd, er sehnt sich nach dem einfachen Bauernleben seiner slawischen Vorfahren (193). Er fühlt sich weder in Gesellschaft seines Dieners Onufrij noch seiner Kameraden wohl, allein mit dem Regimentsarzt Demant, der ebenso eine Außenseiterrolle hat, schließt er Freundschaft. Diese geht jedoch durch Demants Verdacht, Trotta habe eine Affäre mit seiner Frau Eva, in die Brüche (220).
Nach dem Tod Demants versucht er, sich zur Infanterie nach Slowenien, die Heimat seiner bäuerlichen Ahnen, versetzen zu lassen. Als ihm das von höherer Stelle verwehrt wird, entscheidet er sich für ein Jägerbataillon in der Grenzregion zu Russland, der »nördlichen Schwester Sloweniens« (220). Dort beginnt er zu trinken und der Alkohol hilft ihm, sich zu Hause zu fühlen, denn »das Leben wurde leicht, wenn man getrunken hatte« (295). Er bemerkt aber nicht, dass sein Erscheinungsbild immer verwahrloster wird (296). Major Zoglauer toleriert es, da er nicht spielt, doch beginnt er schon bald nach Eröffnung des Spielsalons, für den spielsüchtigen Wagner zu bürgen, wenn dieser sich Geld von Kapturak leiht (305). Als er sogar sein Pferd verkauft und Wagner das Geld innerhalb von Stunden verspielt, schickt Chojnicki ihn mit Valerie von Taußig nach Wien, um ihn »von der Freundschaft mit dem irrsinnigen Wagner zu befreien« (314f.). Er sagt sofort zu, obwohl er Angst hat »vor Wien, und vor der Reise mit einer Frau« (315), aber er spürt, dass eine Veränderung notwendig ist.
Als er in Wien den militärischen Glanz des Fronleichnamszugs sieht, ist er wieder überzeugt, dass an den Untergangsvisionen Chojnickis nichts Wahres sein könnte: »Nein, die Welt ging nicht unter […], man sah mit eigenen Augen, wie sie lebte« (322). Von Wally, wie er von Taußig nennt, lernt er das »Wein trinken« und die Umgangsformen der Wiener Gesellschaft (323). Nach drei Tagen muss er wieder abreisen und zum ersten Mal kommt er auf den Gedanken, gegen das militärische Gesetz aufzubegehren: »Er gehorchte seit seiner frühen Knabenzeit. Und er wollte nicht mehr gehorchen« (328).
Dennoch stimmt er sofort zu, als Major Zoglauer ihm die Aufgabe überträgt, gegen den Streik der Borstenarbeiter vorzugehen (332). Die Situation eskaliert, da er den Befehl gibt zu schießen und er selbst wird verletzt ins Krankenhaus eingeliefert. Nach zwei Wochen ist er wieder gesund und beschließt für sich, aus der Armee auszutreten (339). Er schämt sich aber vor seinem Vater für diese Gedanken und zögert die Entscheidung immer weiter hinaus. Stattdessen fährt er nun regelmäßig nach Wien und trifft sich mit Wally, dafür leiht er sich von Kapturak immer mehr Geld: »Was er geliehen hatte, verschwand hinter dem, was er schuldig war, wie ein Hügel hinter einem Berg« (373).
Eines Tages erfährt er durch ein Telegramm, dass Wally zu ihrem Mann fahre und er nicht nach Wien könne. Er betrinkt sich und verfällt in eine tiefe Depression und wirft sich vor, dass er den Kontakt zu seinem Vater abgebrochen hat und es nicht geschafft hat, die ukrainische Landessprache der Grenzregion zu lernen: »Er war nicht nur ein grundschlechter Charakter, sondern auch ein müder, törichter Kopf. Und kurz und gut: Sein ganzes Leben war verfehlt!« (378f.) In diesem Moment kommt Kapturak herein und verlangt eine Teilzahlung der Schulden, er bedroht seinen Gläubiger mit dem Säbel, schafft es aber nicht, ihn zu töten (382). Um das Geld aufzutreiben, bleibt ihm nichts anderes übrig, als seinen Vater zu benachrichtigen. Als er erfährt, dass die Affäre durch den Kaiser beigelegt und Kapturak weg ist, bewundert er sein »phänomenales Glück« (408) und stellt sich vor, mit Wally in Wien zu leben. Obwohl Wally bei ihrem Mann ist, verlässt er die Armee und arbeitet für Chojnicki als Verwalter. Er wird in einem Häuschen am Waldrand beim Unterförster Stepaniuk untergebracht, lernt die Landessprache und wird seinen Ahnen immer ähnlicher: »Er knauserte. Genauso wie sein Großvater […] zählte er mit hageren, harten Fingern harte Silbermünzen«, sogar sein Gang gleicht dem der »Bauern von Sipolje« (433).
Als der Krieg beginnt, wird er eingezogen und rückt mit einem Zug des Jägerbataillons nach Osten. Die Soldaten sind schließlich so durstig, dass sie beim Anblick eines Brunnens alle Vorsicht vergessen. Doch Trotta lässt sie anhalten und geht selbst mit zwei Eimern los, um Wasser zu holen, ohne auf den Gedanken zu kommen, er könnte getroffen werden. Auf dem Rückweg trifft ihn eine Kugel am Kopf und er stirbt »nicht mit der Waffe, sondern mit zwei Wassereimern in der Hand« (445).